Tag 2: La Cinta / La Seu de Urgell - Übersicht
174km: Vom Mittelmeer über schnelle Schotterpisten, z.T. sandig in Küstennähe und Pinienwäldern in die hügeligen Vorpyrenäen.
Fehlendes Benzin machte sich schon am Vorabend bemerkbar. Die erhoffte Tankmöglichkeit in Alpens gab es nicht. Also einmal quer über den Berg nach La Pobla und den Atem angehalten, ob das Benzin wohl reicht. Entgegen der Karte war die Schotterstrecke geteert, was uns ein wenig enttäuschte, aber half, ohne Probleme mit dem Restbenzin bis La Pobla zu finden. Von dort auf schnellen Asphalt-Strecken nach Saldes, dann reichte es uns.
Abweichend von unserer Tagesroute wollten wir auf dem schnellsten Weg in den Schotter und nicht erst warten, bis wir den vor geplanten Streckenpunkt erreicht hätten. Wie würde es uns auf Strecken außerhalb des zuvor zurecht gelegten Reviers ergehen?
Kompletter Bericht:
Fineres 3km und ein Schotterabzweig war die Formel mit der wir von da an die tollsten Abstecher in diesem Fall eine Nord-Südpassage über einen Pyrenäenkamm fanden.
Den Abzweig zum Castello Moril verpassten wir, um dort Mittag zu machen. Der Schotterpass hinüber nach St. Llorenc de Morunys hatte es aber derart in sich, dass wir mit der Entscheidung die Route zu verlassen, mehr als zufrieden waren. Mit Jeepwegen und Geröll schraubte sich die Route immer weiter hoch. Jeep-Spuren waren schon lange nicht mehr zu sehen. Das Geröll wurde immer grober, der Weg steiler. Jetzt nur nicht stehen bleiben müssen. Anfahren nicht mehr möglich. Nur keinen Schwung verlieren. Weiter oben auf sicherem Stand bleibt Öci lange aus. Nach einer Weile also umdrehen und sicherstellen, dass auch nichts passiert war. War es aber. Als Enduro-Novize hatte er erste Bekanntschaft mit den Unwägbarkeiten des Gebirges geschlossen.
Als es langsam immer steiler wurde, fing auch mein Puls immer höher zu steigen. Scharfkantiger Riesenschotter mit abartiger Steigung !!! Bloß nicht vom Gas gehen und möglichst nicht anhalten hatte Ewald gesagt. Ein Anfahren bei der Steigung, so gut wie unmöglich. Außerdem würde der Stand fehlen und die Enduro ohnehin umkippen. Dies kannte ich schon von den steilen Weinbergpassagen zu Hause. Mittendrin waren jetzt aber ab und an wagengroße Schlaglöcher, die Ewald geschickt zu umfahren wusste. Ich blöderweise nicht. Also schon fast mittendrin wusste ich, dass ich da ohne noch mehr Schwung nie rausgekommen wäre, also ich den Gashahn voll aufgedreht und mit viel Schwung über den Rand hinaus den Abhang links runter geflogen. Mein Motorrad wurde gücklicherweise irgendwann von einem Baum gebremst. Ich jedoch nicht. ein paar kleine Büsche retteten mich dann doch vom totalen Abgang! Mit vielen Schmerzen kroch ich wieder hinauf und konnte dann zum Glück feststellen das außer ein paar kleinen Prellungen und Kratzern nichts Ernsthaftes an meinem Motorrad war. Die DR prallte seitlich gegen einen dünnen Baum der sich direkt unterhalb der Piste befand. Nach einer Weile bemerkte Ewald dann, das ich fehlte und ließ zum Glück nicht mehr allzu lange auf sich warten. Zusammen versuchten wir den Motor wieder zum Laufen zu kriegen. Und das gelang uns dann auch nach einer Weile. Wir fuhren dann erst mal abwärts, bis sich eine Gelegenheit bot um umzudrehen und voll Stoff wieder den Berg hinauf zu fahren. Diesmal war ich vorsichtiger!
Nach überwundenem Paß wurde es Zeit zur Stärkung. Rast im Kirchturm des verlassen und einsam stehenden Kirchleins St. Margarida Aguilar.
So gestärkt wartete die zweite Herausforderung des Tages auf uns. Wir versuchten uns an der Ost-West-Passage über den Pyrenäen Kamm hinüber nach La Seu de Urgell zu Füßen von Andorra. Auf unbekanntem Terrain folgten wir dem Hinweis-Schild Ca Felipo und gerieten in ein ordentliches Desaster. Weit hinauf auf über 2075m schraubte sich der Weg zur Hochalm, die noch gar nicht beweidet wurde.
Satte Regenfälle hier oben hatten vom Winter und Frühjahr ganz oben deutliche Spuren hinterlassen: weggeschwemmte Wegespassagen, freigelegte Felsrücken lose Geröllmuren. Bei Nässe hätten wir es bereits weiter unten schon aufgesteckt. Doch uns trieb die Vorstellung, den Berg zu bezwingen. Und wenn sich erst auf der anderen Seite der Weg nach unten fortsetzen sollte, hatten wir gewonnen. Ganz oben verlor sich der Weg im schrägen Weidehang und setze sich mit zwei gefährlichen Steinstufen bergab fort.
Weiter! Unten wird es bestimmt wieder besser. Wurde es aber nicht. Endstation auf der unteren Etage kein Weiterkommen. Das Herz schlug uns vor Anstrengung und Aufregung bis zum Hals. Schlagartig war uns klar in welche Lage wir uns gebracht hatten. Jeder für sich alleine gestellt wäre jetzt verloren gewesen. Zu zweit konnten wir uns immerhin helfen wenn es nötig werden sollte.
Von hier aus ging einfach nichts mehr. Selbst mit Trial-Motorrädern hätte man sich hier nicht mehr weitergewagt. Denn die Vermutung lag nahe das es dort irgednwo abrupt die Klippen runterging. Wie sollten wir denn jetzt den Weg wieder zurück schaffen ? Den gefährlichen Weg runter haben wir ja nur deshalb gewagt weil wir hofften einen Augang zu finden der uns auf der anderen Seite wieder sicher runterbringt. Das nun auch Ewald die Angst im Gesicht geschrieben stand machte es bei mir nicht einfacher.
Wir mussten alles wieder zurück. Erst mal Ausruhen Puls und Aufregung runter, Wasser trinken und nach 10 min. den Rückweg versuchen.Im Stehen die Fuhre ausbalancieren und mit Grip über die Stufen und glatten Platten. Nur nicht in die Rinne abrutschen. Überglücklich, dass wir ohne Zwischenfall den Scheitel des Passes erreicht hatten Jubelten wir. Bergab hieß es nur noch aufpassen, dass uns die dicken Geröllbrocken beim Bremsen nicht unvorhergesehene Probleme machten.
Hätten wir gedacht, dass Pista de San Salvator am selben Abend noch ein weiteres Highlight bescheren sollte? Auf dem Weg nach La Seu de Urgell folgten wir wieder der Zauberformel: unbekannter Ort, kleine Kilometerangabe und Schotterabzweig. Das Wallfahrtskirchlein hoch oben war durch eine Traumroute im dämmernden Abendlicht erreichbar. Zwei von der Route abzweigende Wege entpuppten sich zwar als Sackgassen, die an schroffen ungesicherten Wänden endeten und unversehens 300m tiefer erst wieder Wald unter sich hatten. Doch unbezahlbar der Ausblick über die umliegenden Gipfel, mit denen wir auf gleicher Augenhöhe waren.